Sony Ericsson Xperia Active und Motorola Defy+ im Akkutest
Mittwoch, 9. November 2011 | Autor: froutes
Die Hersteller von Smartphones geben zumeist die Akkulaufzeit in zwei Szenarien an: Geprächszeit und Standby-Zeit. Man kann diese Angaben wie die Normverbräuche bei PKWs sehen: in der Realität sind sie nicht sehr aussagekräftig, aber zum Vergleich verschiedener Geräte sind sie sinnvoll. Nun weichen aber die Gesprächszeit und Standby-Zeit normalerweise um Welten mehr voneinander ab als die PKW-Verbräuche z.B. auf Landstraße und im Stadtverkehr. Eine Durchschnittsbildung ist hier schon arg grenzwertig.
Akkulaufzeiten machen also nur in dem Szenario Sinn, in dem sie gemessen wurden – und bei einem Android Smartphone gibt es unendlich viele Szenarien, die man beleuchten könnte.
Mich interessiert bei einem Outdoor-Smartphone vor allem eines: wie lange hält der Akku bei der Nutzung als (Outdoor-) Navigationsgerät. Somit habe ich dies bei beiden Smartphones versucht herauszufinden. Um realitätsnahe, aber dennoch vergleichbare Bedingungen zu erhalten, wurden dieselben Apps auf beide Smartphones eingespielt. Die Telefone wurden möglichst identisch eingerichtet, mit den gleichen Konten angemeldet, an einem WLAN-Router und einer Bluetooth-Freisprechanlage betrieben etc.
Manch einer würde Funker wie Bluetooth und WLAN ausschalten – mein Szenario ist das nicht. Wenn ich ins Auto steige, will ich nicht am Telefon herumfummeln. Um Strom zu sparen, schalte ich nicht die E-Mail-Synchronisation ein und aus usw.
Während des Tests habe ich nur eine App laufen lassen (Outdoor Navigation von gpstuner), und nicht telefoniert, gesurft, Musik gehört o.ä. Insofern werden die hier gemessenen Werte in der Praxis doch nicht ganz zu erreichen sein, vor allem, wenn man ein längeres Telefonat führt.
Um ein Gefühl dafür zu bekommen, welche Komponenten der Smartphones welchen Beitrag zum Energieverbrauch liefern, habe ich die entsprechenden Energieübersichten des Betriebssystems verfolgt. Hierbei gab es schon die erste Überraschung bei dem Xperia Active:
Nach Neustart der Smartphones und 6 Minuten Leerlauf ohne Navigationsanwendung zeigt das Xperia Active an, daß 93% des bisherigen Stromverbrauchs für das Display draufgegangen ist, während es beim Defy+ nur 34% waren. Auch in anderen Situationen der täglichen Nutzung eigt das Xperia immer einen extrem hohen Anteil Display-Stromverbrauch an. Dies hat mich dazu bewogen, ein zweites Gerät zu besorgen: dort zeigte sich derselbe Effekt. Wie glaubwürdig die Zahl jedoch ist – dazu später.
Nach den 6 Schonminuten wurde also das GPS über die Applikation Outdoor Navigation angeworfen. Beim Defy+ hat sich das Stromverbrauchs-Verhältnis Display zu GPS ruckzuck auf 2% zu 96% eingependelt und ist so bis zum Ende (=Akku leer) so geblieben. Beim Xperia Active waren es dann eher zwei Drittel Display und ein Drittel GPS.
Wichtig: das Display ist bei den Geräten die gesamte Zeit angeschaltet geblieben. In der Realität würde wohl niemand bei der Outdoor-Navigation die ganze Zeit auf das Smartphone schauen (im Gegensatz zur Navigation im Auto, wo das Display immer an ist, auch wenn man natürlich auch nicht die ganze Zet drauf schaut). Somit ergibt sich hier die minimale Laufzeit, die bei GPS-Nutzung (allerdings ohne weitere Telefonate usw.) auf jeden Fall erreicht werden sollte.
Kurz gesagt, das Sony Ericsson hat nach ca. 4 Stunden 20 Minuten den Geist aufgegeben, das Motorola erst nach 8 Stunden. Das ist nicht nur absolut ein wesentlich besseres Ergebnis für das Defy+, sondern auch im Verhältnis zur Akkukapazität, denn das Defy+ hat mit 1700mAh einen Akku, der nur 40% größer ist als der des Xperia Active (1200mAh), aber die Laufzeit ist 80% länger.
Klar, wenn sich das Xperia Active die Energie im Display verpulvert … aber wie verhält sich das mit ausgeschaltetem Display?
Das soll der zweite Test zeigen. Ausgeschaltetes Display, aber laufende GPS-Anwendung (incl. Track-Aufzeichnung) ist aus meiner Sicht ein sehr realistischer Betrieb. Man schaut eben nur kurz auf das Display, wenn man an einer Kreuzung steht und den richtigen Weg nicht selbst weiß.
Das Verhältnis im Energieverbrauch hat sich beim Xperia Active etwas „normaler“ dargestellt: 85% GPS, 5% Display. Immerhin, das Defy+ schreibt hier 0% für das Display auf, und 97% für die GPS-Anwendung. Tatsächlich sind auch 5% viel, wenn man stündlich mal kurz anschaltet, um nachzuschauen, wie der Akku sich hält.
Die Laufzeit des Sony Ericsson Xperia Active hat in diesem Szenario 6 Stunden betragen, das Motorola Defy+ hat doppelt so lange durchgehalten, also 12 Stunden.
Aus einer Schätzung, wie oft man das Display beim Wandern nutzt, und wie viel Strom man für weitere Aktivitäten verbraucht (telefonieren, Sehenswürdigkeiten ergoogeln…), kann man dann ableiten, wie lange man dem Smartphone vertraut: beim Xperia Active also zwischen 4 und 6 Stunden, beim Defy+ zwischen 6 und 12 Stunden.
Die beiden Smartphones spielen dabei in unterschiedlichen Ligen: Xperia Active für’s Joggen, Spazieren, Bummeln/Besichtigen; Defy+ geht schon in Richtung ernsthafter Begleiter beim Wandern. Wenn man sich aber vor Augen hält, daß man sich eher am unteren Wert orientieren muß, ist auch hier die Frage, ob man sich wirklich auf ein solches Gerät verlassen will. Man benötigt ja auch noch einen Puffer – wenn das Smartphone sagt, daß nur noch 15% Akkulaufzeit übrig sind, möchte ich diese eigentlich dafür reserviert wissen, im Notfall noch telefonieren zu können. Die Eigenschaft von Outdoor-Navis z.B. von Garmin, daß man sich einfach zwei AA-Batterien in die Tasche steckt, und damit bestens gerüstet ist, gibt’s beim Smartphone nicht so einfach.
Bei einem solchen Praxis- also nicht Labortest muß man aufpassen, nicht über das Ziel hinauszuschießen und eine Genauigkeit von Ergebnissen anzunehmen, die das Testverfahren gar nicht hergibt. Dennoch – ein paar weitere Aussagen aus den Messergebnissen möchte ich mal in den Raum stellen.
Aus der Akkukapazität und der Laufzeit kann man den Stronverbrauch herleiten. Aus den Angaben über die prozentuale Verteilung kann man dann Anteile für die Einzelkomponenten errechnen – sehr, sehr mit Vorsicht zu genießen.
Beim Defy+ war der Stromverbrauch bei eingeschaltetem Display etwa 213 mA, bei abgeschaltetem 142 mA. Den Löwenanteil hat die Outdoor Navigation aufgefressen. Der GPS-Anteil darin dürfte konstant sein, aber ohne eingeschaltetes Display muß die Anwendung natürlich auch nicht viel zeichnen. Die Ergebnisse scheinen so plausibel.
Beim Xperia Active war der Gesamtstromverbrauch höher (277 mA mit Display, 200 mA bei abgeschaltetem Display). Dies ist plausibel und paßt zur kürzeren Laufzeit im Verhältnis zur Akkukapazität. Glaubt man den Anteilen, die das Display am Stromverbrauch hat, gibt es eine Unstimmigkeit: 38% des Stromverbrauchs bei ausgeschaltetem Display ergeben 105 mA für die GPS-Applikation, 5% des Verbrauchs bei ausgeschaltetem Display ergeben 170 mA. Hier sollte aber wie beim Defy+ der Stromverbrauch eher niedriger sein, da die Anwendung ja nichts auf’s Display zeichnen muß.
Mein Tipp ist, daß der hohe Displayanteil einfach so nicht zutrifft. Sonst müßten auch die Unterschiede in der Akkulaufzeit bei ein- bzw. ausgeschaltetem Display deutlich größer sein. Nimmt man statt des Anteils von 57% für das Display im eingeschalteten Zustand mal nur 25% an, was immer noch deutlich mehr ist als beim Defy+, ergeben sich insgesamt plausible Werte.
Danke für den Vergleich.
Ich hab mich für das Defy entschieden.
Martin
Danke! Super Vergleich!
Bestätigt auch meine Vermutungen. 🙂
Wenn Smartphone, dann wohl Defy+. 🙂
Vielen Dank! Das war ein sehr ausführlicher Bericht. Genau zu dem Problem der Laufzeit habe ich was gutes gesucht – und gefunden …
Ich plage mich nun auch schon seit Wochen mit der Entscheidung herum:
Zur Wahl stehen:
Die Defys von Motorola,
Xcover von Samsung,
das hier beschriebene SonyEricsson Xperia Active,
sowie die C3350 und B2710 und B2100 von Samsung aus deren Outdoor Programm.
Letztere drei wirken gut im Akku.
Da der SAR Wert mir auch wichtig ist vielen die DEFYs weg.
Man muss wohl sagen dass man entweder Leistung (Prozessor) des Gerätes runterschrauben muss als Hersteller oder besseren Akku einbauen.
Die eierlegende Wollmilchsau gibt es hier wohl nicht, da entweder Smartphone (ist ja quasi ein Stromfresser dank Prozessor und Display) oder eben althergebracht, wie die drei unter 100 EUR zu habenden klassischen Barren outdoors von Samsung.
Das B2710 hat sogar GPS.
Also ist es dann wohl das.
Wer jeden Tag tanken will nimmt das Xcover, weint aber dass er den starken und upgradefähigen und gut ausgestatteten Active nicht nehmen kann.
Danke für diesen Vergleich. Ich kann fürs biken die kurze Akkulaufzeit nicht akzeptieren und warte auf das Takwak TW 700.