Individuelle Fahrmodi beim Bosch Nyon
Sonntag, 8. Juli 2018 | Autor: froutes
Bosch bietet für seine weit verbreiteten Bike-Motoren eine Möglichkeit, die Fahrmodi individuell zu verändern. Diese Möglichkeit ist kostenpflichtig und wird als In-App-Kauf in der Nyon-App realisiert. Es wirkt bei Fahrrädern mit mind. 4-stelligem Preis, eher 2 oder 3 Tausend, zwar albern, nochmals 5 EUR extra zu verlangen, aber egal, ist ja erschwinglich.
Es gibt nicht viele Infos zu der tatsächlichen Funktionsweise im Netz. Hier z.B. ein guter Beitrag: Pedelec Biker
Ich habe selbst nun ein paar Erfahrungen damit gemacht und möchte diese hier loswerden.
Zunächst mal: die Freischaltung wird in der App durchgeführt. Die eigentliche Funktion „Individuelle Fahrmodi“ kann man zwar in der App auch nutzen, ich bevorzuge jedoch die komfortablere Version am Desktop über das Bike-Portal.
Generell nutze ich keine Sync-Funktion zwischen App und Nyon-Computer. Aus meiner Sicht wäre das eine Komplexitätsstufe (nämlich Bluetooth-Verbindung) mehr, die nicht viel bringt. Wer mit den individuellen Fahrstufen während einer Fahrt experimentieren möchte, ist aber mit der App vielleicht tatsächlich besser bedient.
Zurück zur eigentlichen Funktionsweise. Die Graphik zeigt an, wie sich dem Nutzer die Funktion präsentiert:
Die Verstellung erfolgt separat für die 4 Modi, die als individuelle Fahrmodi die Standardmodi Eco, Tour, Sport und Turbo ersetzen.
Die eigentliche Motorunterstützung wird als Parameter definiert, wie groß die Unterstützung in % bei welcher Geschwindigkeit ist.
Dabei können nur vier solche Parameterpaare definiert werden, der Rest wird vermutlich interpoliert (d.h. den Verbindungsgraden zwischen den Punkten angepaßt).
Hierbei glaube ich, überhaupt erst mal die Art der Unterstützung verstanden zu haben: wenn ein Parameterpaar „Unterstützung 50% bei 10km/h“ eingestellt ist, legt der Motor bei 10 km/h nochmals die Hälfte von meiner Trampelleistung als Motorleistung obendrauf. Wenn ich also 100W leiste, leistet der Motor weitere 50W (die eigene Wattzahl kann man sich ja während der Fahrt ansehen). Andersherum gerechnet: wenn zur Bewältigung einer Steigung 300W nötig sind, und ich mit der gennanten Geschwindigkeit und Unterstützung unterwegs bin, muß ich selbst 2/3, also 200W leisten, der Motor liefert dann 100W zu.
Zwischendurch lohnt mal ein Blick auf die technischen Daten des Motors (in meinem Fall: Bosch Performance Line mit Nabenschaltung):
Nabenschaltung:
Leistung maximal 400W, Unterstützungsstufen Turbo: 260/ Sport: 170/ Tour: 110/ ECO: 50, Anfahrverhalten sanft
Kettenschaltung:
Leistung maximal 570W, Unterstützungsstufen Turbo: 275/ Sport: 190/ Tour: 120/ ECO: 50, Anfahrverhalten sportlich
Kleine Nebenrechnung: aus der Maximalleistung in Kombination mit der maximalen Untertützung kann man berechnen, wie groß die Gesamtleistung ist, die Mensch und Maschine erbringen können, ohne dass man ein Erlahmen des Motors spürt:
400W / 2,6 = ca. 150W. Also 150W Mensch plus 400W Maschine ergibt, dass man eine Situation Steigung/Geschwindigkeit bewältigen kann, die 550W erfordern. Ist der Berg steiler, muß man eben selbst mehr im Verhältnis zur Maschine leisten.
Nun gibt es aus meiner Sicht zwei generelle Möglichkeiten, die individuellen Fahrmodi zu nutzen. Der oben verlinkte Artikel beschreibt die Denkweise, dass ich die Modi mit verschiedenen Nutzungsprofilen definiere (wie Stadt, Tour, …) und mir überlege, welche Unterstützung man in welchen Geschwindigkeitsbereichen benötigt. Z.B. hohe Unterstützung beim Anfahren wg. möglicher Gepäcklasten, hohe Unterstützung auch bei niedrigeren Geschwindigkeiten, da diese darauf hindeuten, dass es berghoch geht. Und niedrigere Unterstützung bei 20-25km/h für Fahrten im Flachen.
Finde ich einen cleveren Ansatz, der aber für mich nichts ist.
Ich selbst mag es viel einfacher, und bin dabei fast bei den Werkseinstellungen. Die vier Stufen sind einfach Abstufungen bei der Unterstützung, die dann völlig unabhängig von der Geschwindigkeit gelten, also z.B. 260% in Stufe 4, 150% in Stufe 3, 100% in Stufe 2, 50% in Stufe 1. Ich weiß damit ziemlich genau, was passiert, und bin nicht darauf angewiesen, dass das Fahrprofil, was ich mir ausgedacht habe, zu dem passt, was ich gerade wirklich fahre.
Die Änderung erfolgt ganz einfach, indem man die blauen Punkte in der Graphik mit der Maus verschiebt. Eine Auffälligkeit gibt es dabei: in der Werkseinstellung waren die variablen Unterstützungpunkte für die höchste Geschwindigkeit immer bei 20km/h (die Punkte bei 25km/h) sind bei 0% festgeklebt). Von der maximalen Unterstützung bei 20 km/h ging dann die Linie nach unten zu 0% bei 25km/h. Eigentlich müsste man das so lesen, dass schon bei 21 km/h die Unterstützung etwas sinkt, dann weiter bei 22km/h usw.
Das Verhalten konnte ich aber bei der Fahrt nicht verifizieren. Das würde ja bedeuten, dass schon ab 20km/h die Leistung langsam kleiner wird, bis bei 25km/h Schluß ist.
Dennoch habe ich zu meiner Beruhigung den Punkt in allen vier Fahrmodi von 20km/h auf 24km/h, also so weit wie möglich nach rechts verschoben.
Ansonsten habe ich gegenüber der Werkseinstellung nur eine Einstellung verändert. In Modus 4 war tatächlich in allen Geschwindigkeiten nur eine Unterstützung von 250% eingestellt. Die technischen Daten zeigen ja 260%, und alle Punkte ließen sich entsprechend die 10 Prozentpünktchen nach oben setzen.
Weitere Einstellungen wie z.B. das Anfahrverhalten, das lt. technischen Daten ja unterschiedlich sein kann („sanft“, „sportlich“), kann man leider nicht verändern.
Kurz gesagt, mein Profil Nr. 4 ist also die Volle-Pulle-Maximaleinstellung, die anderen entsprechend reduziert, aber immer gleichmäßig über alle Geschwindigkeiten bis zur Maximalgeschwindigkeit.
Thema: Outdoor Technik | Beitrag kommentieren